Am Eingang ins wildromantische Kaunertal am Fuß des Kaunergrates und nicht weit von der Bezirkshauptstadt Landeck entfernt, erhebt sich über einer Felswand die Burg Berneck. Sie war lange eine Ruine und ist in der alten Form wiederaufgebaut worden. Die „schönste gotische Wohnburg Tirols“ lädt herzlich zu einem Besuch ein.
Burg Berneck
Berneck liegt am Eingang des Kaunertales auf einem Felssporn, der 150 Meter hoch über dem Tal aufragt. Mit dem Dorf Kauns und seiner Mittelgebirgsterrasse ist die Burg durch ein sanftes Hügelgelände verbunden. Der Bau gehört zum Typus einer sogenannten Zungenburg, das heißt, dass er den Felsplatz in seiner ganzen Länge von 80 Metern ausfüllt, aber in der Breite nicht viel mehr wie 10 Meter misst. Diese Form hatte schon die mittelalterliche Anlage des späten 12. Jahrhunderts. Die Burg hatte den wichtigen Verkehrsweg über den Reschenpaß zu sichern, möglicherweise war sie eine Gründung der Bischöfe von Regensburg, die in der Gegend von Prutz Besitz hatten. 1225 saßen hier die Herren von Berneck, die bis 1415 im Besitz der Burg blieben. 1435 kam Berneck an den Schweizer Hans Wilhelm von Mülinen, der ein treuer Gefolgsmann und Freund des damaligen Tiroler Landesfürsten Herzog Friedrich IV. war.
Unter Mülinen erfuhr die Burg einen weitgreifenden Umbau, der sie zur schönsten gotischen Wohnburg in Nordtirol machte: Baumeister war Peter Kofel, der auf einem Bild an der Kapellenwand dargestellt ist. Die Burg bekam drei Höfe und eine Holzgalerie entlang der Felswand, von der aus die einzelnen Räume erschlossen wurden. Der Bergfried an der Westseite wurde ebenso wie die mächtige alte Schildmauer im Norden erhöht und mit einem charakteristischen Verputz mit aufgemalten Quaderfugen versehen. Alle Wohnräume waren getäfelt, die Kapelle wurde neu errichtet und erhielt eine kostbare Freskenausstattung.
1499 übernahm Kaiser Maximilian Berneck in seinen direkten Besitz. Der Burg kam in der Zeit der Schweizer Kriege erhöhte strategische Bedeutung zu. Entsprechend wurde der Turm für die Verteidigung mit Feuerwaffen ausgerüstet. Auch das Interesse des Kaisers an der Jagd im wildreichen Kaunertal, wo es auch einen großen Bestand an Steinbocken gab, dürfte beim Erwerb eine Rolle gespielt haben. Zweimal wird von Jagdaufenthalten Maximilians, der als einer der größten Waidmänner seiner Zeit galt, auf der Burg berichtet.
Von 1530 bis 1637 war die Familie Zott, die durch den Salzhandel in der Stadt Hall zu Vermögen gekommen war, im Besitz der Burg. Da für die Salzgewinnung ein großer Holzverbrauch notwendig war, kam ihnen der reiche Waldbestand im Kaunertal sehr gelegen. Die Burg war bis in das 17. Jahrhundert zumindest teilweise noch bewohnt und gut ausgestattet.
Das änderte sich in der Folge, da die späteren Besitzer, die Freiherren von Pach aus Südtirol, für die abgelegene Burg keine Mittel mehr aufbrachten. 1819 versuchten sie es noch einmal mit einer Sanierung, 1934 mussten sie die nur mehr in Teilen bewohnbare Burg dann an Bauern verkaufen. Nichts schien den Verfall des Gebäudes mehr aufhalten zu können.
Nach dem Zwischenbesitz eines amerikanischen Börsenmaklers wurde die inzwischen zur völligen Ruine gewordene Anlage 1976 vom Innsbrucker Architekten Ekkehard Hörmann erworben. Intensive Forschungsarbeiten brachten die Erkenntnis, dass auch im Ruinenzustand der ursprüngliche Bau des 15. Jahrhunderts, der sogenannte Mülinen-Bau, noch ablesbar war, zumal es keine späteren Veränderungen an diesem Bau, also der gotischen Wohnburg, gegeben hatte. Das gewonnene Wissen wurde in die Tat umgesetzt und ein authentischer Wiederaufbau gewagt, der von der Idee geleitet war, die Burganlage in ihrer ganzen interessanten aufeinandergezogenen Struktur und Konstruktion wieder für die Zukunft sichtbar zu machen.
Die Wiederverwendung derselben Materialien (Lärche und Fichte für die Holzarbeiten, Verputze nach alten Vorlagen, Steinkreuzfenster und Toreinrahmungen nach originalem Vorbild und im alten Tuffsteinmaterial gearbeitet etc.) spielte dabei eine wichtige Rolle. Moderne Zutaten verboten sich bei diesem besonderen Konzept von selbst, es gibt dafür in der neueren Denkmalpflege kaum Vergleichbares. 1981 waren die Arbeiten im wesentlichen abgeschlossen, 1986/87 erfolgte die Restaurierung der Kapelle und ihres Freskenschmuckes, 2007 wurde die gotische Stube wiedereingebaut, 2010 musste eine Wegsicherung mit neuer Mauer durchgeführt werden. Die Burg, in der viele Jahre auch ein Architekturbüro eingerichtet war, dient heute der Besitzerfamlie Hörmann als Wohnung, im Sommer werden Führungen durchgeführt.
Der Burgweg führt entlang der großen Ringmauer zum östlichen Haupttor, durch das man in den Kapellenhof kommt, das westliche Tor führt in den Westhof. Beide Tore sind mit den originalen Eisenblechtafeln beschlagen und noch mit den alten Schubriegeln zu verschließen. Beim Westtor hat sich das ursprüngliche „Mannsloch“, eine kleinere Einstiegsöffnung erhalten, durch die „nur ein Mann, ohne Waffen und in gebückter Haltung“ die Burg betreten konnte. Der schöne dreiseitige Erker ober dem Tor zeigt zwei Gusslöcher. Von ihnen konnten Eindringende mit heißem Öl oder Pech beschüttet werden.
Westhof mit Zisterne: Hier befindet sich der (nicht ausgebaute) Küchentrakt mit der Zisterne. Am Küchentrakt vorbei gelangte man in das Erdgeschoß des Bergfrieds, wo Vorräte und die Getreidelieferungen der zehentpflichtigen Bauern gelagert waren.
Bergfried: Der Bergfried hatte ursprünglich nur ein Geschoß und wurde erst unter Mülinen und dann noch einmal unter Kaiser Maximilian auf die heutige Höhe (27 Meter) aufgeführt. Die Mauerstärke beträgt im ersten Stock über 2 Meter. Im Stock darüber befand sich die Wohnung des Türmers; der Kamin der kleinen Kücheneinheit und der Aborterker über der Felswand sind noch erhalten.
Wohnräume im Mittelteil: Alle Räume des mittleren Wohnbereichs (= des ehemaligen Palas) waren ursprünglich mit demselben Getäfel und mit den für den Mülinen-Bau typischen Steinkreuzfenstern ausgestattet. (link zur gotischen Stube). Der östlichste Raum zeigt die alte Balkendecke, die ihn zusammen mit dem erdgeschossigen Raum darunter als Teil des ehemaligen Turmes der ursprünglichen Anlage des 12./13. Jahrhunderts ausweist.
Kapellenhof: Der mittlere, durch das große obere Tor erschlossene Hof ist gleichzeitig der Vorraum zur Kapelle und war als solcher auch als offener Kirchenraum mit einer Kanzel in der Ecke, Gemälden an den Wänden (nur an der Kapellenwand erhalten) und einem wie ein Kirchenfenster in schöner Steinmetzarbeit ausgeführten Kellerfensterchen ausgestattet.
Die Kapelle hatte sicher einen Vorgängerbau - bei Grabungen haben sich Hinweise auf eine vormittelalterliche Anlage an dieser Stelle ergeben. Sie ist ein rechteckiger Raum mit einem tief herabgezogenen Kreuzgratgewölbe, das auf skulptural ausgebildeten Konsolen (mit einem Kopf und einem Bärenmotiv) aufruht. Die Restaurierung der kostbaren Freskenausstattung ist 1986/87 von der deutschen Messerschmittstiftung ermöglicht worden. Das Hauptbild ober dem Altar stellt eine Kreuzigung dar, auf den Seitenwänden konnten Bilder des heiligen Georg und des Erzengels Michael neu aufgedeckt werden. Das große Wappenbild ober dem Eingang meldet die Fertigstellung der Kapelle unter Hans Wilhelm von Mülinen am 24. August 1437. Ein Bild des hl. Martin (mit der seltenen Darstellung einer Prothese beim Bettler) und die Außenfresken mit dem Kapellenpatron Bartholomäus und einer kleinen Kreuzigung vervollständigen das aufwändige und sehr qualitätvolle Programm dieser Ausstattung. Den (unbekannten) Maler wird man im Kreis der am Innsbrucker Hof beschäftigten Künstler zu suchen haben. Hans Wilhelm von Mülinen war enger Vertrauter des damaligen Tiroler Landesfürsten Herzog Friedrich IV. Baumeister Peter Kofel hat sich mit einem Fresko an der Kapellenwand verewigt.
Die Burg war in den Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts bereits in einem so schlechten Bauzustand, dass der Ausbau der noch erhaltenen holzgetäfelten Räume geboten erschien. Getäfel und Decken wurden nach Nummerierung der Teile 1940 abmontiert und in das Tiroler Volkskunstmuseum in Innsbruck gebracht. Nach dem Wiederaufbau und der Sanierung der Burg kam es zunächst im Jahr 1984 zu einer Rückführung des umfangreichen Holzmaterials. 2006 gelang es in der Person des Holzrestaurators Geri Kunze in Innsbruck den Fachmann zu finden, der in Zusammenarbeit mit Ekkehard Hörmann die gereinigten und sortierten Bretter mit beeindruckendem Können einbaute. Im Juni 2007 waren die Arbeiten abgeschlossen.
Die Stube, die zeitgleich mit dem großen 1437 abgeschlossenen Umbau der Burg gezimmert worden war, ist eine der ältesten, zur Gänze (mit Decke und Wandgetäfel) an der originalen Stelle erhaltenen gotischen Stuben Tirols (in Nordtirol ist sie überhaupt die älteste). Sie ist im wesentlichen aus Zirbenholz gearbeitet und folgt im spätgotischen Stubenbau insoweit einem sonst in Tirol seltenen Typus, als hier nicht eine schon bestehende Blockwand mit einem Leistengetäfel verkleidet wurde, sondern die aufrechtstehenden, 5cm dicken Wandtafeln selbst die Wandverkleidung bilden, die mit aufgelegten Fugenleisten und vorgeblendeten schweren Deck- und Sockelladen den Eindruck eines Leistengetäfels macht. Interessanterweise sind auch die bis zu 6 Meter langen Deckenbretter in das gleiche System einbezogen. Die schmalen Leisten, die mit ihren Ziernägeln als Schmuckelemente behandelt sind und keinen Schnitzdekor aufweisen, sind freistehend als „Gitterummantelung“ auch um den Ofen herumgeführt.
Ungefähr drei Viertelstunden taleinwärts im Kaunertal ragen auf einer schauerlichen fast senkrecht zum wildtosenden Faggenbach abstürzenden Felswand die Trümmer der einst stolzen Burg Bärneck, auch Pernegg und Berneck genannt. empor und verkünden in stummer Sprache von der Vergänglichkeit allen irdischen.
Dass hier einmal finsterer Wald gewesen ist, in dem Bären und Wölfe gehaust haben, ist ohne Zweifel eine alte, noch heute im Volksmund verbreitete Sage, die erzählt, dass einst in der Nähe dieses Schlosses zwei Jäger, Brüder, auf die Jagd gingen. Bald wurde ein gewaltiger Bär aufgetrieben, der wütend auf die beiden Jäger losging. Da die auf ihn abgeschossenen Pfeile fehlgingen, mussten die beiden flüchten, immer vom Bären verfolgt. Als ein Entkommen nicht mehr möglich war, stellte sich ein Jäger tot, worauf der Bär innehielt, den am Boden Liegenden beroch und ihn mit der Tatze sogar noch umwandte, um sich neben ihn niederzulassen, als wollte er ihn bewachen.
Auf einmal sprang das Tier mit einem fürchterlichen Aufschrei in die Höhe, stürzte zusammen und verendete alsbald. Ein eiserner Pfeil, abgeschossen vom anderen im Gebüsch versteckten Bruder, war dem Bär in den Kopf gefahren. Die Beiden umarmten sich vor Freude. Mehrere Jahrhunderte lang soll an diese Begebenheit eine Tafel erinnert haben, die an einem mächtigen Baum an dieser Stelle befestigt war. Die beiden Jäger sollen Erbauer des Schlosses "Bäreneck" gewesen sein. Daher stammt auch noch der heutige Name Berneck, sowie auch die Edlen von Bäreneck einen Bären in ihrem Wappen führen.
Zwei Brüder begegneten einst in dem noch kaum von Menschen bewohnten, dicht bewaldeten Kaunertal einem gewaltigen Braunbären. Während es einem der Brüder noch gelang zu flüchten und sich zu verstecken, stürzte sich das massige Tier auf den anderen Bruder und warf ihn mit Gebrüll und seiner mächtigen Pranke zu Boden. Der Mann stellte sich tot und rührte sich nicht mehr. Der Bär lies von seinem Opfer ab und legte sich ganz in der Nähe seiner tot geglaubten Beute zum schlafen nieder. Nach einer Weile, als sich nichts mehr rührte kroch der zweite Mann aus seinem Versteck hervor, schlich sich zu dem Untier und erlegte mit gewagten Messerstichen den plötzlich wild um sich schlagen Bären und rettete somit seinem Bruder das Leben, dem weiter nichts passiert war, als dass ihm vor Schreck jetzt noch die Knie zitterten. An diese Heldentat soll noch lange eine Tafel unweit der Burg, an einem Baum zu sehen gewesen sein die den Kampf mit dem Bären darstellte.